Kaufen Sie Lebensmittel aus der Region, unterstützen Sie Initiativen wie diesen Regionalladen Unikum und „Kräuterwind“ und essen Sie nichts, was mit dem Flugzeug angeliefert wird – am Ende einer anderthalbstündigen Gewalttour in die Welt der Brotvernichter, Spekulanten und Essensfälscher gab es konkrete Tipps, wie man sich gesünder ernähren, den Hunger bekämpfen und dem Diktat der Lebensmittel- und Agrargiganten entkommen kann.
Staunend und zum Teil erschüttert reagierten die gut 50 Zuhörer im neuen Regionalladen Unikum auf die Fakten aus dem komplexen System der globalen Nahrungsindustrie und die vielfältigen Zusammenhänge zwischen Landwirtschaft, Handel und Spekulation. Joachim Türk, ehemaliger Chefredakteur der Rhein-Zeitung und als Journalist seit Jahren mit dem Thema vertraut, beleuchtete die Hintergründe eines Milliardengeschäfts in einer Veranstaltung des Hauses Felsenkeller, WIBeN; der Landjugendakademie, der Kreisgleichstellungsbeauftragten und des Regionalladens Unikum.
Alles beginnt mit den Feldern. Ackerflächen von der Größe ganzer Staaten wechseln zurzeit den Besitzer – Länder wie China wollen damit ihre Ernährung sichern, Spekulanten große Geschäfte machen. Das trifft nicht nur Asien, Afrika und Lateinamerika, sondern auch Rheinland-Pfalz. Weil immer mehr Felder mit Raps und Mais bepflanzt werden, steigen die Pachtpreise. Solche Monokulturen kommen dem System der Konzerne entgegen, die alles in der Hand behalten wollen: vom gentechnisch produzierten Einheitssamen über Dünger, Pflanzen- und Insektengifte bis hin zu den Lagerhallen, riesigen Mastanlagen und den Fabriken, in denen nach Plänen von Lebensmitteldesignern unsere Lebensmittel gemixt werden – Nahrung, angereichert mit allerhand chemischen Zutaten, die sich unnatürlich lange hält und so zusammengesetzt ist, dass wir nicht aufhören können zu essen, bis die Packung leer ist. Kein Wunder, dass etwa die Hälfte aller Krankheiten durch falsche Ernährung ausgelöst wird.
Während die einen abspecken wollen, müssen immer noch fast eine Milliarde Menschen hungern. Dabei ist mehr als genug (pflanzliche) Nahrung da – sie wird nur ungerecht verteilt. Zu den Ursachen dafür gehört der zu hohe Fleischkonsum (für ein Kilo Rindfleisch werden neun Kilo Mais verfüttert), aber auch der fahrlässige Umgang mit Nahrung: Eine deutsche Durchschnittsfamilie wirft im Jahr Essen für 1000 Euro in die Mülltonne – ein Drittel der Lebensmittel, die gepflanzt, bewässert, geerntet und transportiert worden sind, werden weggeschmissen. Darunter auch Essen aus Ländern, deren Bewohner weder ausreichend Nahrung noch sauberes Trinkwasser haben.
Wie können wir uns gesünder und gerechter ernähren? Das war die abschließende Frage am Ende der zum Teil schockierenden Faktensammlung. Die Politik darf nicht nur den Interessen der global agierenden Konzerne dienen, sondern muss überall auf der Welt mehr regionale, lokale Lösungen unterstützten. Spekulation mit Nahrung muss verhindert werden. Ein weiterer Schlüssel zur Lösung der Probleme liegt im eigenen Verhalten, an der Esskultur: Dass man mehr Mahlzeiten selbst zubereitet, statt nur Kochsendungen zu schauen, und gemeinsam mit anderen isst. Dass Zutaten aus der nahen Region stammen – und zur Saison passen. Dass wir uns genau darüber informieren, wo die Lebensmittel herkommen und was drin ist. Dass kein Essen im Müll landet.
Der Abend hat gezeigt, dass viele Menschen auf dem Weg sind, ihrem Essen wieder mehr Aufmerksamkeit zu schenken – um der eigenen Gesundheit willen, aber auch für die Umwelt und mehr Gerechtigkeit. Sie dürften sich durch die Fakten mehr als bestärkt fühlen.