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Die wahren Profiteure der Energiewende

Die Energiewende ist in der Diskussion. Kritiker machen die EEG-Umlage für die steigenden Strompreise verantwortlich und fordern eine massive Einschränkung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG). Diese Sichtweise ist einseitig und torpediert die erfolgreiche Umsetzung einer Energiewende in Bürgerhand. Eine Klarstellung.

Die 2003 eingeführte EEG-Umlage macht mit 3,59 Cent/kWh derzeit knapp 14 Prozent des Haushaltsstrompreises aus. Dagegen stieg der Strompreis im selben Zeitraum um durchschnittlich zehn Cent/kWh. Zwei Drittel der höheren Stromkosten haben also keinerlei Zusammenhang mit den Erneuerbaren Energien. Stattdessen sorgte zusätzlicher Strom aus regenerativen Quellen sogar dafür, dass der Börsenpreis für Strom im Schnitt um ca. 0,5 Cent fiel. Doch diese Kostenminderung haben die Stromversorger nicht an die Verbraucher weitergegeben, von ihr profitieren nur große Stromverbraucher.
Doch der niedrigere Strompreis durch den Ausbau der erneuerbaren Energien führt paradoxerweise zu einer höheren EEG-Umlage, denn die Differenz zwischen niedrigem Preis an der Strombörse und dem Garantiepreis für grünen Strom (die feste Einspeisevergütung) bezahlen die Stromverbraucher. Aber nicht alle. Denn hier gibt es Privilegierte.
Die Privilegierten
Die Politik hat energieintensive Unternehmen vollständig von der Zahlung der EEG-Umlage befreit. Aktuell sind 730 Unternehmen von der Abgabe ausgenommen – diese verbrauchen zusammen 18 Prozent des deutschen Stroms, zahlen jedoch nur 0,3 Prozent der EEG-Umlage. Ein Beispiel für die unsachgemäße Befreiung von der EEG-Umlage ist das Unternehmen Vattenfall-Mining, das Braunkohle-Tagebau betreibt. Durch die Befreiung spart es jährlich 40 Millionen Euro. Das oft vorgebrachte Argument, Unternehmen würden aufgrund der im internationalen Vergleich hohen Energiekosten abwandern, ist bei einem ortsgebundenen Tagebau absurd.
Was die Privilegierten nicht bezahlen, müssen die anderen tragen, nämlich kleinere Unternehmen und alle privaten Haushalte. Deswegen steigt der Strompreis für die Bürgerinnen und Bürger überproportional stark. Sie bezahlten im Jahr 2011 im Schnitt 1 Cent/kWh mehr EEG-Umlage als sie es ohne die Ausnahmeregelung für die energieintensive Industrie hätten tun müssen. Dementsprechend lag der Strompreis für Privathaushalte um rund 4 Prozent höher als nötig.
Ein weiteres Privileg ist die Befreiung energieintensiver Unternehmen von den Netzentgelten, die rund 20 Prozent des Strompreises ausmachen. Damit wird auch der Ausbau und Erhalt der Netze einseitig auf die kleinen Verbraucher umgelegt. Durch solche Regelungen entzieht die Politik sämtliche Anreize zur Energieeinsparung. Stattdessen werden Unternehmen dazu veranlasst, ihren Stromverbrauch unnötigerweise und zu Lasten der Umwelt in die Höhe zu treiben, um die Befreiung von den Gebühren in Anspruch zu nehmen.
Diese Ausnahmeregelungen müssen sachlich und nachvollziehbar begründet und eingeschränkt werden. Langfristig führt aufgrund der begrenzten Verfügbarkeit der fossilen Energieträger kein Weg an Erneuerbaren Energien vorbei. Dieser Transformationsprozess muss ohne Verzögerungen umgesetzt werden, damit Deutschlands internationale Vorreiterrolle für diese Industrie nicht gefährdet und die notwendigen Klimaziele erreicht werden können. Die dabei entstehenden vorübergehenden Mehr-belastungen müssen gerecht auf alle Schultern verteilt werden.
Die Folgekosten
Umweltschäden, Klimaerwärmung, Gefahren für die Gesundheit, Kosten für die Atommüllentsorgung: Die Kosten für den „billigen“ Strom aus Gas-, Kohle- und Atomkraftwerken zahlt die Gesellschaft. „Die Energiekonsumenten von heute leben auf Kosten künftiger Generationen“, schrieb schon 1992 das Prognos-Institut in einer Expertise für das Bundeswirtschaftsministerium. Würde man diese Schäden zum Preis des Stroms aus fossilen Brennstoffen und der Atomkraft hinzurechnen, müsste herkömmlicher Strom fast ein Drittel teurer sein als er jetzt ist. Damit wäre er nicht mehr günstiger als Energie aus Sonne, Wind oder Biogas.
Wer macht das Geschäft? – Bremser und Befürworter
Bei der Energiewende geht es nur vordergründig um die Frage der Stromkosten. Es geht um die Energieversorgung der Zukunft. Wird sie wie in den letzten Jahrzehnten von den Interessen vier großer Energiekonzerne bestimmt oder wird sie dezentral organisiert sein? „Hinter dem Streit um die EEG-Umlage steckt mehr: Es ist ein Machtkampf zwischen den Befürwortern und Gegnern der Energiewende, zwischen neuen Anbietern und den etablierten Stromkonzernen“, schreibt die ZEIT. Nehmen Bürgerinnen und Bürger, Kommunen und Region die Energieversorgung selbst in die Hand, gefährden sie das bewährte Geschäftsmodell der großen Stromkonzerne. Deshalb bremsen diese die Energiewende von unten.
Die über 600 Energiegenossenschaften in Deutschland stehen für den dezentralen Weg, sie bringen nachhaltige, regionale Energiekonzepte auf den Weg. Eine starke Einschränkung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes würde die erfolgreiche Umsetzung der Energiewende mit bürgerschaftlicher Beteiligung gefährden.

Diese Pressemitteilung der Initiative Energiewende jetzt und der Heidelberger Energiegenossenschaft kann genutzt werden, um sich in die aktuelle Diskussion um das EEG einzumischen: Über die lokale Presse, die Mitglieder der eigenen Genossenschaft,Netzwerke, Mitglieder der eigenen Genossenschaft, Bündnispartner usw.

Quelle: „Energiewende jetzt“ 02. Oktober 2012

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