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Ehrenamtliche helfen Flüchtlingen – Rheinzeitung 17.3.15

Kreistag Michael Lieber stellt neues Konzept vor – Freiwillige spielen in der Betreuung große Rolle

Von unserem Redaktionsleiter Marcelo Peerenboom

M Kreis Altenkirchen. Der Kreis Altenkirchen setzt bei der Betreuung von Flüchtlingen aufs Ehrenamt. Engagierte Bürger sollen Asylbewerbern dabei helfen, in der für sie völlig fremden Welt Fuß zu fassen und ihnen Regeln, Lebensgewohnheiten und Sprache vermitteln. Landrat Michael Lieber stellte im Rahmen der Kreistagssitzung am Montag das „Konzept zur Einbindung engagierter Bürgerinnen und Bürger in die kommunale Integrationsstrategie“ vor und betonte, Flüchtlinge bräuchten nicht nur finanzielle Leistungen zur Bestreitung des Lebensunterhalts, sondern auch persönliche Hilfe und Begleitung.

Diese allerdings können die zuständigen Mitarbeiter der Kreisverwaltung und der Verbandsgemeindeverwaltungen nicht leisten – auch wenn das Personal in diesem Bereich zuletzt deutlich aufgestockt wurde. „Es muss daher nach anderen Wegen gesucht werden, den Flüchtlingen die notwendigen Hilfen bei der Alltagsbewältigung zuteilwerden zu lassen“, heißt es dazu im Konzept. Der Bedarf ist riesig: Während im Jahr 2013 im Kreis 125 Flüchtlinge neu aufgenommen wurden, rechnet die Kreisverwaltung für das laufende Jahr mit rund 500 Neuaufnahmen.

Wie Landrat Lieber lobend erwähnte, haben sich bereits in vielen Orten des Landkreises ehrenamtliche Bürger gefunden, die den Flüchtlingen, die aus Krisengebieten fliehen und in Deutschland eine bessere Zukunft für sich erhoffen, ganz praktisch helfen wollen. Sie können nach Ansicht der Kreisverwaltung eine wertvolle Stütze in der Begleitung von Flüchtlingen sein und die so oft zitierte Willkommenskultur mit Leben füllen. So sieht das Konzept vor, dass Bürger den Asylbewerbern helfen, sich mit den Organisationen, Strukturen und Lebensgewohnheiten unserer Gesellschaft vertraut zu machen.

Ziel der Kreisverwaltung ist es, mit dem Betreuungskonzept einen Rahmen für die verschiedenen Initiativen im Kreisgebiet zu finden und das Zusammenspiel zu erleichtern. In dem von Landrat Lieber vorgestellten Papier heißt es dazu, man wolle eine möglichst flache Hierarchie mit wenigen bürokratischen Hürden erreichen. Ehrenamtliche Hilfen sollen daher möglichst kleinräumig organisiert werden. Die direkte Vermittlung der Ehrenamtlichen wird daher auf der Ebene der Verbandsgemeindeverwaltungen angesiedelt. Die Rathausmitarbeiter sollen den Erstkontakt zwischen Flüchtling und engagiertem Bürger herstellen. Damit entsprechende Daten über Name und Wohnort auch an Ehrenamtliche weitergegeben werden dürfen (Stichwort: Datenschutz) werden die ankommenden Flüchtlinge gebeten, eine Einverständniserklärung zu unterschreiben. Sie können auf dem Formular auch ankreuzen, in welchen Feldern sie gerne Hilfe erfahren würden, etwa bei der Begleitung beim Einkauf oder bei Behördengängen.

Der Kreisverwaltung geht es aber nicht nur darum, den Flüchtlingen zu helfen. Auch die Ehreamtlichen selbst hat sie im Blick und möchte sie nach Kräften unterstützen. Dabei kommt der neuen Ehrenamtskoordinatorin Andrea Rohrbach eine entscheidende Rolle zu. Unter ihrer Federführung wird das Forum „Willkommen im Landkreis Altenkirchen“ eingerichtet, das als Dienstleister für Flüchtlingsinitiativen, Verwaltungen und Freiwillige in der Flüchtlingsarbeit fungiert. Andrea Rohrbach will dabei eng mit den Wohlfahrtsverbänden, der Kreisvolkshochschule und der Sozialabteilung im Kreishaus zusammenarbeiten. In Planung sind beispielsweise Informationsabende, Qualifizierungsmaßnahmen und ein Austausch untereinander.

Darüber hinaus will die Kreisverwaltung die Initiativen und Bürger durch die Schaffung einer Wissensdatenbank unterstützen. Alle Angebote aus dem Bereich der Flüchtlingsarbeit sollen dort aufgeführt werden. Zudem werden in dieser Datenbank Fördermöglichkeiten und Schulungsangebote aufgelistet. Der passwortgeschützte Zugriff auf die Datenbank wird den aktiven Akteuren vorbehalten sein.

Landrat Michael Lieber würdigte bei der Vorstellung die Rolle der Wohlfahrtsverbände. Insbesondere das Diakonische Werk und die beiden Caritasverbände nehmen sich in zunehmendem Maße der Flüchtlingsarbeit an. Während die Caritas beispielsweise das Projekt „Willkommenspate“ ins Leben gerufen hat, gibt es bei der Diakonie das Projekt „Integrationsnavigator“. Beide haben gemeinsam, dass ehrenamtliches Engagement durch hauptamtliche Mitarbeiter flankiert wird. Auch Kirchengemeinden im Kreisgebiet kümmern sich im Asylbewerber. Sie sollen auch dabei helfen, weitere Ehrenamtliche zu finden.

Der Landrat und die Bürgermeister wollen in Kürze einen öffentlichen Aufruf starten und dafür werben, sich in der Flüchtlingsarbeit zu engagieren. Dazu wollen sie ein Formular verteilen, auf dem jedermann seine Bereitschaft bekunden und auch konkret angeben kann, auf welchem Sektor Hilfe denkbar ist – zum Beispiel in der Freizeitbetreuung von Kinder, beim Sprachtraining oder bei einem Orientierungsrundgang durch die Gemeinde.

Im Rahmen der Diskussion im Kreistag kam es zu einem kleinen Scharmützel, das dem nahenden Landtagswahlkampf geschuldet ist. Michael Wäschenbach (CDU) erinnerte an den Flüchtlingsgipfel, den seine Landtagsfraktion vor Kurzem organisiert hatte. Erst in dessen Folge habe die Landesregierung dann ein Programm aufgelegt, das den Kommunen hilft. SPD-Sprecher Bernd Becker dankte Wäschenbach für den „landespolitischen Überblick“.

 

 

 

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